Egal was die Experten sagen: Wir sind nicht bereit für die massiven gesellschaftlichen Umwälzungen, die künstliche Intelligenz mit sich bringen wird.
Kürzlich war jemand mit Uber auf dem Weg zu einer Konferenz über Künstliche Intelligenz. Der Fahrer frage ihn, wie lange es dauern würde, bis autonome Autos seinen Job übernehmen würden. Er bekam die Antwort „15 bis 20 Jahre“. Der Fahrer atmete erleichtert auf und Antwortete: „Okay, bis dahin bin ich in Rente“.
Gut, dass dieses Gespräch nicht in China war sondern in Amerika. Dort hätte der Fahrer die Antwort bekommen: etwa zehn Jahre, mit etwas Glück vielleicht auch 15.
Dies mag überraschend klingen, schließlich waren und sind die USA führend in der KI-Forschung. Aber China holt auf. Es hat mindestens eine 50:50 Chance, das Rennen zu gewinnen.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens drängt in China eine riesige Armee junger Leute in die KI. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der KI Autoren verdoppelt.
Junge Ingenieure von Face++, einem chinesischen Start-up für Gesichtserkennung, haben kürzlich drei Computer-Vision-Wettbewerbe gewonnen. Das vor Google, Microsoft, Facebook und der Carnegie Mellon University.
Zweitens hat China mehr Daten als die USA. Und Daten sind das, was die KI antreibt. Ein sehr guter Wissenschaftler mit einer Tonne Daten wird einen superguten Wissenschaftler mit weniger Daten schlagen.
China hat die meisten Mobiltelefone und Internetnutzer der Welt, dreimal so viele wie die USA.
Tatsächlich aber ist die Kluft noch größer, weil die Menschen in China ihre Geräte anders benutzen. Sie haben kein Bargeld dabei, sondern bezahlen alles per Handy.
Sie kaufen mit dem Smartphone ein. Sie öffnen nach Feierabend eine App, um Essen zu bestellen. Wenn Sie zu Hause ankommen, ist das Essen schon da, frisch von Elektromotorrad.
Leihräder erzeugen mit 50 Millionen Fahrten pro Tag rund 30 Terabyte an Sensordaten, etwa 300-mal so viel wie in den USA.
Drittens haben Chinesische KI-Unternehmen die Nachahmungsphase hinter sich. Noch vor 10 Jahren hat praktisch jedes Start-Up einfach Funktionen und Anmutungen von US-Produkten kopiert. Aber dadurch lernten sie, gute Produktmanager zu werden.
Nun sind sie auf dem Weg zur nächsten Stufe. Ihre ausländischen Gegenspieler zu übertreffen. Schon heute ist Weibo besser als Twitter und WeChat besser als der Facebook Messenger.
Und viertens beschleunigt die Regierung die KI-Entwicklung. Nach ihren Planungen soll China bis 2020 die USA einholen und bis 2030 zu einer globalen Innovationsdrehscheibe werden. Im Oktober 2017 sprach sich der Präsident Jingping für eine weitere Integration von Internet, Big Data, künstlicher Intelligenz und realer Wirtschaft aus.
Dass solche Pläne kein bloßes Gerede sind, hat die Politik schon in der Vergangenheit mit ihrer Förderung gezeigt, etwa von Hochgeschwindigkeitszügen.
In den USA hingegen stagnieren die Dinge. Schauen wir uns beispielsweise an, wie Barack Obamas Bürgerschaft für den Solarzellenhersteller Solyndra als Vetternwirtschaft verurteilt wurde.
Nun appellieren Lastwagenfahrer an Präsident Trump und den Kongress, den Test autonomer LKWs zu stoppen.
Der Aufstieg zur KI-Supermacht ist nicht nur für China eine große Sache. Der Wettstreit mit den USA hat zu Fortschritten bei der künstlichen Intelligenz geführt, die nirgendwo zu stoppen sein werden. Die Veränderung wird massiv und nicht ausschließlich gut sein. Die Ungleichheit wird größer.
Wie der Uber-Fahrer bereits erahnte, wird KI viele Jobs verdrängen, was zu sozialem Unfrieden führen wird.
Betrachten wir zum Beispiel den Fortschritt der Software AlphaGo von Google DeepMind. Anfang 2016 besiegte sie noch die besten menschlichen Go-Spieler, später wurde sie selbst von AlphaGo Zero besiegt, das nur von Spielen gegen sich selbst lernte und innerhalb von 40 Tagen allen früheren Versionen überlegen war.
Jetzt übertragen wir diese Verbesserungen auf Bereiche wie Kundendienst, Telemarketing, Montage, Lastwagen fahren und andere Routinearbeiten. Es dürfte klar sein, dass die Hälfte unserer Jobs von KI und Robotern fast kostenlos und besser erledigt werden kann. Dies wird die schnellste Umwälzung sein, welche die Menschheit je erlebt hat, und wir sind nicht darauf vorbereitet.
Einige Leute argumentieren, dass es länger als gedacht dauern wird, bis die Arbeitsplätze verschwinden, da sie nur teilweise ersetzt werden und die Unternehmen versuchen werden, die verdrängten Mitarbeiter intern anders einzusetzen. Aber selbst wenn das stimmt, wird es das Unvermeidliche nicht aufhalten.
Andere Leute erinnern uns daran, dass bisher jede technologische Revolution auch neue Jobs geschafften hat. Aber es ist gefährlich anzunehmen, dass dies auch weiterhin immer der Falls sein wird.
Dann gibt es da noch die Optimisten, die meinen, dass künstliche Intelligenz in Kombination mit dem Menschen besser funktioniert als allein. Dies mag für bestimmte Berufe wie Ärzte oder Rechtsanwälte gelten, aber die meisten Arbeitsplätze fallen nicht in diese Kategorie. Stattdessen handelt es sich um Routinejobs, bei denen künstliche Intelligenz weit überlegen ist.
Andere denken, dass uns ein bedingungsloses Grundeinkommen retten wird. Nehmen wir das zusätzliche Geld, das die KI einbringt, und verteilen es an die Leute, die ihre Arbeit verloren haben. Dieses zusätzliche Einkommen wird den Menschen helfen, neue Wege zu finden, und andere Formen der Sozialhilfe ersetzten. Aber es bewirkt nichts gegen den Verlust der Menschenwürde oder das Bedürfnis, sich nützlich zu fühlen. Es ist nur ein bequemer Weg für die Nutznießer der KI-Revolution, sich zurückzulehnen und nichts zu tun.
Und schließlich gibt es diejenigen, die leugnen, dass KI überhaupt Schattenseiten hat. Dies ist die Position, die viele der größten KI-Unternehmen eingenommen haben. Es ist schon verwunderlich genug, wenn KI-Experten nicht versuchen, ein Problem zu lösen. Aber schlimmer noch ist es, sich zu weigern, es überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
Diese Umwälzungen werden kommen, und wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen. Wir müssen Jobs finden, die die KI nicht erledigen kann, und die Leute dafür Ausbilden. Wir müssen die Bildung neu erfinden. Dies sind die besten Zeiten und die schlechtesten Zeiten. Wenn wir rational und schnell handeln, können wir uns auf das Beste konzentrieren und nicht auf das Schlimmste.